MEZ 2
Mehrsprachigkeit an der Schwelle zum Beruf
Projektvorstellung
Die Untersuchung MEZ-2 soll Informationen über die Phase der Vorbereitung auf bzw. Einmündung in den Beruf erbringen und damit erstmalig empirisch untermauertes Wissen über Zusammenhänge zwischen sprachlicher, insbesondere mehrsprachiger Entwicklung und den ersten Schritten in die berufliche Integration von Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund generieren. Die leitenden Themen des Vorhabens sind:
- Sprachentwicklung an der Schwelle zum Beruf,
- Entwicklung berufsbildungs- und arbeitsmarktrelevanter sprachlicher Kenntnisse,
- Entwicklung sprachlicher Orientierungen und Strategien unter dem Eindruck praktischer Übergangserfahrungen in den Beruf.
Im Zentrum des Interesses stehen Erkenntnisse, die die Weiterentwicklung sprachlicher Fähigkeiten in Richtung auf berufliche bzw. akademische Fachsprachlichkeit betreffen. Die Ergebnisse bieten Anknüpfungspunkte für die Optimierung von Beratungs- und Informationsangeboten am Übergang in den Beruf. Ferner werden Gelingensbedingungen für einen erfolgreichen Übergang vom Schulleben in die Qualifizierung für einen Beruf aufgezeigt. Ergänzt wird die Untersuchung um vertiefende Fragen zu Einflüssen des Gebrauchs digitaler Medien auf die (schrift-)sprachliche Praxis der Jugendlichen.
Methodisches Vorgehen
Die Anschlussuntersuchung bietet die Chance, bereits in MEZ untersuchte Fähigkeiten, Merkmale und Einstellungen der Teilnehmenden in ihrer beruflichen Entwicklung weiterzuverfolgen. Insgesamt hatten sich noch während der MEZ-Studie 1.127 Schülerinnen und Schüler zu einer weiteren Teilnahme an Erhebungen bereiterklärt. Da die Teilnehmenden überwiegend nicht mehr im Schulkontext angetroffen werden können, erfolgt die Datenerhebung in MEZ-2 in individualisierter Form in einem gemischten Erhebungsdesign (Multi-Mode-Survey) aus onlinebasierten und postalischen Erhebungsverfahren.
Die Datenerhebung findet an zwei Messzeitpunkten (MZP 1: März/April 2020) im Abstand von etwa einem Jahr in Kooperation mit der IEA statt. Die Probandinnen und Probanden werden jeweils in einer Online-Testsitzung computergestützt durch die Sprachtests und Fragebogen geführt, während Fragebogendaten und Daten der rezeptiven Sprachtests direkt online erfasst werden. Allerdings lassen sich die produktiven Sprachtests (MEZ-Schreibaufgaben) nicht vollständig in ein online-basiertes Verfahren überführen: Hier werden lediglich die Aufgabenstellung und Bilderimpulse mit Zeitbegrenzung über das Online-Testmodul administriert, die Texte werden im klassischen paper-and-pencil-Verfahren in ein Testheft geschrieben.
Die produktiven Sprachfähigkeiten werden mit Parallelformen der Schreibaufgaben gemessen, die in MEZ entwickelt wurden, rezeptive Sprachfähigkeiten mit Leseverständnistests und allgemeine Sprachkompetenzen mit C-Tests. Die untersuchten Sprachen sind die Umgebungs- und Unterrichtssprache Deutsch, die Herkunftssprachen Russisch und Türkisch sowie die Fremdsprache Englisch. Für das Deutsche werden zusätzlich berufsrelevante produktive und rezeptive Sprachfähigkeiten getestet. Die Entwicklungen von Bildungsaspirationen bzw. -erwartungen, Berufsorientierungs- und Bewerbungsprozessen, zu Spracheinstellungen und Selbstkonzept in Bezug auf mehrsprachige Fähigkeiten sowie zur antizipierten Nachfrage mehrsprachiger Fähigkeiten im Arbeitsmarkt werden in MEZ-2 unter dem Einfluss persönlicher Übergangserfahrungen weiterverfolgt. Hinzu kommen Variablen zu psychologischen Ressourcen, die als Resilienzfaktoren bei biographischen Übergangsprozessen fungieren.
Erwarteter Nutzen
Mit der Anschlussuntersuchung wird es erstmalig möglich, Zusammenhänge zwischen Bildungserfolg, berufsrelevanten Kenntnissen, beruflicher Orientierung und gemessenen sprachlichen, insbesondere mehrsprachigen Fähigkeiten unter Kontrolle relevanter sozialer Herkunftsmerkmale, individueller Dispositionen bzw. Eigenschaften zu verfolgen – und zwar anhand einer substanziellen Stichprobe, die sich nun in der biografischen Phase des Übergangs in den Beruf befindet.
Die Anlage der Untersuchung als Zeitverlaufsstudie erlaubt es, komplexe Analysen durchzuführen, die nicht nur Zusammenhänge freilegen, sondern auch Erklärungen ermöglichen. Die besondere Aufmerksamkeit dabei gilt solchen Aspekten, die der Beeinflussung durch pädagogisches Handeln und unterstützende Maßnahmen zugänglich sind. Dabei handelt es sich zum einen um Fähigkeiten und Kenntnisse (wie Sprachfähigkeiten; arbeitsmarktrelevante Kenntnisse), zum anderen um kognitive und psychische Ressourcen (wie Sprachbewusstheit, Resilienz). Die Anschlussuntersuchung führt mithin zu neuem wissenschaftlichen Wissen über Gründe für Erfolg (oder Misserfolg) im Übergangsprozess in den Beruf und zu Grundlagen für die praktische Gestaltung dieses Übergangs. Wir erwarten dabei insbesondere neue Erkenntnisse zum Problem der Differenzierung von migrationsbezogenen und generellen Gründen für (nicht) gelingende Prozesse.